„Kirchenkrise? Unsere Chance!“: Gut besuchtes Zukunftsforum in Elsen

25.10.2019

/

Aus: Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln

In Grevenbroich und Rommerskirchen gibt es ein neues Lieblingswort. Es heißt Kontaktmenschen. Der Begriff steht gleich mehrfach in dem Konzept, das Oberpfarrer Dr. Meik Schirpenbach dem mit rund 40.000 Katholiken in 21 Gemeinden größten Sendungsraum im Erzbistum Köln vorgeschlagen hat. „Kirchenkrise? Unsere Chance!“, so lautete der Titel eines gut besuchten Forums in St. Stephanus in Elsen, bei dem die Seelsorger und Engagementförderer unter Schirpenbachs Leitung ihre Ideen für den Aufbau einer neuen Leitungsstruktur in den einzelnen Orten präsentierten.

Vorangegangen waren im Frühjahr 2018 und im ersten Halbjahr 2019 mehrere Veranstaltungen, bei denen es um die Zukunft der Pfarreien ging. „Die Situation ist ernst. Ich sehe für die Gemeinden, die nicht mitmachen wollen, die Gefahr, dass sie in zehn bis 20 Jahren ausgestorben sind“, hatte Schirpenbach die Brisanz der Lage schon im Vorfeld deutlich gemacht. Nun sollen es also Kontaktmenschen richten. „Es geht darum, Menschen in Kontakt miteinander zu bringen, und dabei immer mehr zu versuchen, mit dem Geheimnis Gottes in Kontakt zu kommen“, erklärt der leitende Pfarrer seine Vorstellungen. Er hat sich in Frankreich inspirieren lassen. „Im Französischen spricht man nicht von Leitung, sondern von Animation, das heißt Belebung: den Blick dafür zu schärfen, wo Gott unter uns wirkt, wozu er uns ruft. Wir dürfen lernen, Gott in allem zu finden. Leitung ist nicht in erster Linie Organisation des Bestehenden, sondern Anstoß zur Entwicklung“, so Schirpenbach.

Um die Gestaltungskompetenz vor Ort einfacher und wirksamer zu gestalten und eine stärkere Vernetzung zwischen den Gemeinden zu ermöglichen, möchten er und seine Mitstreiter in die Struktur von Kirchenvorstand und Ortsausschuss ein stärkendes Element einfügen: ein Team aus eben diesen Kontaktmenschen. Diesem Team gehört ein Moderator (oder eine Moderatorin) an, der Ansprechpartner für Seelsorger, Vereine und Nachbargemeinden ist, als Sprecher nach außen fungiert und die Pfarrei etwa beim Schützenfest vertritt.

Hinzu kommen ein Mitglied des Kirchenvorstands sowie Kontaktmenschen für den Dienst des Gebets, die etwa Beiträge für die Sonntagsliturgie sammeln oder Wallfahrten und Prozessionen organisieren. Der Kreis schließt sich durch Kontaktmenschen für den Dienst der Glaubensvertiefung und Glaubensweitergabe sowie durch Kontaktmenschen für den Dienst der Nähe und Gemeinschaft, die beispielsweise für Krankenbesuche, Kirchencafé oder Eine-Welt-Projekte verantwortlich zeichnen.

Jeder Dienst kann auch zu zweit oder dritt übernommen werden. Die Kontaktmenschen sollen für einen begrenzten Zeitraum beauftragt und entsprechend weitergebildet werden. Sie können, aber müssen nicht Mitglieder im Ortsausschuss gewesen sein. Dieses Gremium soll weiterhin existieren, das Leitungsteam ihm aber vorstehen. „Leiten heißt nicht bestimmen oder alles organisieren oder für alles verantwortlich sein müssen, sondern ermöglichen und gemeinsame Entscheidungen herbeiführen. Aufgaben werden also nicht auf die Kontaktmenschen abgewälzt, sondern diese entscheiden selbst, was sie für wichtig halten. Es gibt kein Pflichtprogramm mehr“, heißt es in dem Konzept. Die Umsetzung dieser Strukturen in den jeweiligen Gemeinden solle innerhalb der nächsten drei Jahre erfolgen.

Die Vorteile liegen für Schirpenbach auf der Hand: „Klare Ansprechpersonen. Keine Überforderung im Ehrenamt durch Erwartungshaltungen, sondern verantwortungsvolle Freiheit, etwas auszuprobieren. Keine Verfestigung von Ämtern – es steht und fällt nicht mehr alles mit bestimmten Personen. Man darf auch wieder aufhören.“ Hinzu komme eine deutliche Akzentverschiebung zu alltäglichen christlichen Aufgaben: „Die Organisation von Festen ist nicht mehr Hauptaufgabe. Der Bedarf daran scheint bei vielen Menschen rückläufig zu sein, was unsere Pfarrfeste leider oft zeigen.“

Durch das Leitungsteam der Kontaktmenschen erfolge auch eine adäquate Repräsentanz der Gemeinden nach außen, was die Seelsorger allein nicht mehr schaffen könnten. Ein Kernsatz des Konzepts verbreitet Zuversicht: „Unsere Ortsgemeinden haben eine Sendung. Es geht nicht bloß um den Erhalt des Bestehenden. Die Gemeinden werden sich erhalten, wenn sie ihre Sendung entdecken.“ Jetzt sind diese Gemeinden am Zug, über die Ideen zu diskutieren.