Ein Café für die Einsamen: Netzwerk Oelgasse hat den Lockdown überwunden

21.09.2021

Es wirkt wie ein kleines, unscheinbares Café in einer Nebenstraße. Doch das Konzept dahinter ist ein ganz Besonderes: Das Netzwerk Oelgasse der katholischen St.-Augustinus-Gruppe ist längst kein Geheimtipp mehr in Grevenbroich. Serviert werden die günstigen und selbstgekochten Speisen von Menschen mit Behinderung.

„Wir sprechen nicht nur von Inklusion, wir leben sie“, sagt Jennifer Roszak, Leiterin des Cafés. Gleichzeitig stehen die Themen Gemeinschaft und Nachhaltigkeit ganz hoch im Kurs. Die Einrichtung hat ihre Arbeit fast vollständig wiederaufgenommen und lädt zu einem Besuch ein. 

Gekonnt serviert Michael Gerbert eine Tasse heißen Kaffee auf einem Tablett. Der 59-Jährige ist froh, dass er trotz seiner Behinderung eine Beschäftigung gefunden hat, die ihm Spaß macht. „Was mir hier am meisten gefällt, ist das Miteinander“, sagt er. Und damit spricht er ein Herausstellungsmerkmal des Cafés an. Denn dort finden Menschen zusammen, die sich nach sozialen Kontakten sehnen: Alleinstehende, Witwen, Hinzugezogene. So wie Angelika Faust, die das Netzwerk mindestens zwei- bis dreimal in der Woche besucht und dort schon die ein oder andere Freundschaft knüpfen konnte. „Das Café hat mir gefehlt“, sagt die 62-Jährige über die schwere Zeit im Lockdown in der ersten Jahreshälfte. Dies dürfe sich möglichst nicht wiederholen. 

Aufgrund der Corona-Beschränkungen hielt sich der Betrieb mehrere Monate mit einem To-Go-Angebot über Wasser. Die Stammgäste kamen mit ihren Vorratsdosen, um ein warmes und günstiges Mittagessen oder Kuchen abholen zu können. Liebgewonnene Angebote wie Klangschalen-Entspannung oder handwerkliche Beschäftigungen fielen allerdings weg. „Die erste Zeit im Lockdown war hart, aber wir haben das Beste daraus gemacht“, sagt Leiterin Jennifer Roszak. Sie freut sich, dass der Betrieb nun langsam wieder anläuft. Der Mittagstisch, zu dem sich Interessierte immer mittwochs zu zwei verschiedenen Zeiten anmelden können, ist sehr beliebt – ebenso wie das Frühstück am Samstag. Die günstigen Preise ermöglichen es auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel dort zu essen. 

Zubereitet werden die warmen Speisen vom ehrenamtlichen Koch Stefan Lohel. Der 55-Jährige war zuvor Besucher des Netzwerks, weil er dort nach dem Tod seiner Mutter Gesellschaft suchte. „Dann fügte sich das eine zum anderen“, so der Grevenbroicher. Er plant und kocht die Mittagsgerichte nicht nur, er bringt auch manchmal die Zutaten mit. Denn der Ehrenamtler ist auch bei der Grevenbroicher Tafel engagiert und verwertet die dort übrig gebliebenen Nahrungsmittel: „Doppelt nachhaltig“, schmunzelt er, „die Lebensmittel sind natürlich frisch und in einwandfreiem Zustand.“

Der Koch und das Team des Cafés freuen sich zwar, dass das Netzwerk mit den 3G-Regeln geöffnet bleiben kann – sie wünschen sich aber wieder mehr Besuch. „Unser Konzept lebt vom Miteinander. Hier können sich Menschen öffnen, ins Gespräch kommen. Dazu gibt es zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten, hier findet jeder eine sinnvolle Tätigkeit“, sagt Claudia Hiep, langjährige Mitarbeiterin im Netzwerk. Sie weiß: gerade für Alleinstehende ist das Café eine wichtige Stütze im Leben.